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„Die aktuelle Weltlage zeichnet sich durch eine weit verbreitete Unsicherheit aus. Das wird in der Politik ausgenutzt, was sich auch im deutschen Parteiensystem zeigt“, betonte Dr. Gregor Gysi, ehemaliger Fraktionsvorsitzender der Partei „Die Linke“ und Präsident der Europäischen Linken, zu Beginn seines Vortrags an der Frankfurt School of Finance & Management am vergangenen Mittwoch. Geladen hatte die studentische Initiative FS Economy & Politics zum Thema „Ist ständiges Wachstum als Prämisse des Kapitalismus mit der Realität zu vereinbaren? Gibt es Alternativen zum Kapitalismus?" Nach Meinung des Bundestagsabgeordneten gebe es immer differenziertere Interessen, wodurch die Zeit der alten Volksparteien zu Ende ginge. Vier bis sieben Parteien, die die Interessen verschiedener Gruppen vertreten, seien in Zukunft der Regelfall.
Vielen Menschen suchten Orientierung. Rasante Entwicklungen wie die Digitalisierung und deren Konsequenzen vorauszusehen, sei schwierig. Deshalb seien viele Menschen verunsichert, wodurch der Hang zu Despoten steige. „Im Gegensatz zu einer Demokratie, kann ein Despot Maßnahmen schnell umsetzen. Viele Menschen vergessen dabei aber, dass Diktatoren danach nicht mehr abwählbar sind“, so Gysi. Auch der nationale Egoismus nehme wieder stark zu.
Im Kapitalismus sehe Gregor Gysi drei große Vorteile. Das System könne eine höchsteffiziente Wirtschaft hervorbringen und demokratisch sein. Außerdem bringe der Kapitalismus in vielen Staaten eine hervorragende Wissenschaft, Forschung, Kunst und Kultur hervor. Das System könne aber nicht Frieden sichern, da es immer um Ressourcen gehe und die Waffenindustrie weltweit eine zu große Lobby habe. Der Kampf um Ressourcen führe außerdem zu großen ökologischen Problemen, was man am Ausstieg der USA aus dem UN Klimaabkommen sehen könne.
Um den Kapitalismus fairer zu gestalten, seien bestimmte Veränderungen notwendig. „Große Banken und Konzerne müssen verkleinert oder vergesellschaftet werden, Monopole führen zu großer Ungerechtigkeit. Die öffentliche Daseinsvorsorge wie Krankenhäuser oder Infrastruktur dürfen nicht privatisiert werden“, erklärte der Bundestagsabgeordnete.
Darüber hinaus plädierte der Redner für eine soziale Marktwirtschaft, in der das Wohl der Arbeitnehmer und von Kunden gesetzlich gewährleistet werden müsse. Außerdem müsse der Bund in Deutschland mehr investieren, um die Binnennachfrage anzukurbeln. „Deutschlands Industrie stellt mehr Produkte her als benötigt werden. Das geht nur durch die Abnahme von Ländern, die dafür Schulden aufbauen. Allein auf diesem Weg ist Zukunft nicht zu gewinnen“, betonte Gysi.