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Ignazio Visco, Gouverneur der italienischen Zentralbank, sprach am 1. März an der Frankfurt School über die Inflation und die daraus resultierenden Herausforderungen für Zentralbanken. Seine Rede wurde von Jens Weidmann eingeleitet, dem ehemaligen Präsidenten der Deutschen Bundesbank. Die von Emanuel Mönch, Professor für Financial und Monetary Economics, moderierte Veranstaltung stieß auf großes Interesse bei Studierenden, Führungskräften aus der Finanzbranche und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Frankfurt School – der Vorlesungssaal war bis auf den letzten Platz belegt.
In seinen einleitenden Worten betonte Jens Weidmann, dass Ignazio Visco – trotz einiger unterschiedlicher Ansichten in bestimmten Fragen der Zentralbankpolitik – seiner Meinung nach einer der besten Ökonomen im EZB-Rat sei. In den Sitzungen der EZB saßen Visco und Weidmann aufgrund der alphabetischen Reihenfolge ihrer Nachnamen nebeneinander. Bei gemeinsamen Gesprächen lernte Weidmann viel über die italienische Politik und Kultur – zum Beispiel, wann man Espresso und wann Cappuccino trinkt, wie er mit einem Augenzwinkern bemerkte. So entstand schon zu Beginn der Veranstaltung eine entspannte Atmosphäre.
Unter dem Titel „Monetary Policy and the Return of Inflation“ gliederte Ignazio Visco seinen Vortrag anhand von fünf zentralen Fragen:
1. Wodurch kennzeichnet sich die derzeitige Inflation und welche Unterschiede gibt es zwischen den USA und der Eurozone?
2. Hat die EZB zu spät auf die Beschleunigung der Verbraucherpreise reagiert?
3. Hat die EZB mit ihrer Politik Fehler gemacht?
4. Ist die Politik der EZB wirksam?
5. Sollte die EZB eher zu viel, oder zu wenig tun?
Nach einem Rückblick zur Entwicklung der Inflation in den vergangenen Jahrzehnten sprach Gouverneur Visco über geopolitische Veränderungen sowie über Gründe und Folgen der derzeit hohen Inflation. In diesem Zusammenhang betonte er die vorherrschende große Unsicherheit, die es schwierig macht, vorherzusagen, ob der Inflations- oder der Disinflationsdruck in naher Zukunft überwiegen wird. Aus diesem Grund sollte die EZB bei kommenden Entscheidungen nicht nur die Risiken berücksichtigen, die sich aus zu zögerlichem Handeln ergeben, sondern auch jene, die aus einem zu starken Handeln entstehen können. Ignazio Viscos Fazit: Er sieht Anzeichen dafür, dass die Inflation mittelfristig nachlässt, und steht hinter der vorsichtigen und ausgewogenen politischen Reaktion der EZB.
An seine Rede schloss sich eine lebhafte Diskussion mit dem Publikum an, in der die unterschiedlichen Ansichten einiger deutscher Ökonomen – die die Notwendigkeit eines stärkeren Eingreifens der EZB betonten – und ihres italienischen Kollegen deutlich wurden. Beim abschließenden Empfang mit Snacks und Getränken in der Executive Lounge der Frankfurt School hatten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gelegenheit, die Diskussion fortzusetzen.